Anders / Gehle, Das Assessorexamen im Zivilrecht, 13. Auflage,
Vahlen 2017
Von Rechtsreferendarin Patricia M. Popp, M.A., Darmstadt
Spätestens
ab der Suche nach einer richtigen Begleitlektüre für die Zivilstation im
Referendariat, ist „Das Assessorexamen im
Zivilrecht“ von Anders / Gehle
den meisten Rechtsreferendaren ein Begriff. Dabei stammt der „Anders Gehle“ –
wie diese unter Referendaren verbreitete Bezeichnung es vermuten lässt – nicht aus
der Feder eines Herrn Anders Gehle, sondern ist vielmehr das Werk von Frau Monika Anders und Herrn Burkhard
Gehle. Monika Anders, ihres Zeichens
Präsidentin am Landgericht Essen, und Burkhard
Gehle, Vorsitzender Richter am
Oberlandesgericht Köln, haben nun zum 13. Mal das seit 1986 erscheinende Lehrbuch
zum Assessorexamen im Zivilrecht neu
aufgelegt. In der Neuauflage sind viele gesetzliche Änderungen wie
solche des RVG, des 2. Kostenrechtsänderungsgestzes oder des § 232 ZPO
(Rechtsbehelfsbelehrung) berücksichtigt und durch aktuelle Rechtsprechung
konkretisiert worden. Aber auch die Erhöhung des gesetzlichen Zinssatzes in §
288 II BGB oder die Handhabung des neueingeführten § 198 GVG (überlange Verfahrensdauer)
werden thematisiert. Daneben sind zahlreiche Anregungen der Leser, für die sich
die Autoren im Vorwort bedanken, in die Neuauflage eingeflossen.
Bereits zu Beginn des Werkes wird klargestellt, dass nun
nicht mehr die in der Universität erlernte Subsumtionstechnnik das Maß aller
Dinge darstellt, sondern das Erlernen der Relationsmethode im Mittelpunkt
steht. Nur mittels dieser Technik sind Referendare in der Lage einen streitigen
Sachverhalt systematisch zu ordnen, ihn auf dieser Grundlage rechtlich zu
erfassen um dann schnellstmöglich zu einem Ergebnis zu gelangen. Um diese
Technik zu erlernen, bieten die knapp 600 Seiten des Lehrbuchs eine
verlässliche Grundlage.
Zunächst erläutern die Autoren im Rahmen des Allgemeinen
Teils die Grundlagen der Relationstechnik und beschreiben die Bearbeitung eines
Zivilrechtsfalles unter Anwendung dieser Technik. An dieser Stelle sei bereits
auf die Schaubilder hingewiesen, die sich neben dem Fließtext finden lassen.
Ausgesprochen übersichtlich wird hier bereits zu Beginn des Lehrbuchs der Text
veranschaulicht, was unmittelbar zum Verständnis der Materie beiträgt. Im
Allgemeinen zieht sich diese Übersichtlichkeit durch das komplette Werk: Die
Autoren haben für ihre Darstellungen überwiegend kurze Absätze gewählt, die an
verschiedenen Stellen durch grau hinterlegte Kästen unterbrochen werden. In
diesen werden die soeben dargestellten Inhalte noch einmal kurz
zusammengefasst. Solche Zusammenfassungen finden sich beispielsweis zum Aufbau
des Gutachtens oder zum Aufbau des Verteidigungsvorbringens. In den grauen
Kästen finden sich aber auch immer wieder Merksätze oder Examenshinweise, wie
etwa der Hinweis, dass in Examensklausuren teilweise zu unterstellen ist, dass eine
Beweiserhebung angeordnet worden ist und diese zu einem bestimmten Ergebnis
geführt hat.
Im Folgenden wird zu Urteil und Beschluss Stellung
genommen und die einzelnen Abschnitte wie Rubrum, Tatbestand oder
Entscheidungsgründe werden beschrieben. Dieses Kapitel ist besonders hilfreich
für Referendare die sich am Anfang des Referendariats befinden. Zu diesem
Zeitpunkt haben sich nämlich die Wenigsten bereits mit dem Aufbau eines Urteils
beschäftigt, denn dies war während des Studiums schlichtweg noch nicht
erforderlich. Die präzisen Erläuterungen erleichtern es dem Leser jedoch, sich
rasch in diese neuen Grundlagen einzuarbeiten und Form und Inhalte zu
verstehen.
Im Besonderen Teil des Lehrbuchs dreht sich dann alles um
die Beweiswürdigung, die Aufrechnung im Prozess oder die unterschiedlichen
Klagearten, wie Feststellungs- oder Widerklage. Die Darstellungen sind durchweg
sehr detailliert und ermöglichen durch Verweise auf die Rechtsprechung eine
noch vertieftere Recherche. Zahlreiche Fallbeispiele erleichtern zudem das Verständnis
und gestalten die Materie anschaulicher. Der Aufbau des Lehrbuchs ermöglicht es
ferner, dass dieses von vorne nach hinten durchgearbeitet werden kann und nicht
nur Gelegenheit zum Nachschlagen einzelner Problemstellungen gibt. So wird
stets auf das bereits erlernte Wissen aufgebaut.
Ein kurzer Hinweis sei noch zum Anhang des Buches
gegeben. Hier geht es um die Arbeit im Zivildezernat. Die Autoren geben zwar
direkt zu Beginn den Hinweis, dass die Examensrelevanz für die Dezernatsarbeit
relativ gering sei, nichtsdestotrotz könnte es sich in gewissen Situationen –
etwa als Aufhänger in der mündlichen Prüfung – bezahlt machen, wenn man diesen
Anhang bei der Lektüre gerade nicht stiefmütterlich behandelt. Die
Darstellungen erscheinen daher nicht fehl am Platz, sondern runden das Werk als
Ganzes ab.
Abschließend bleibt daher festzuhalten, dass die neue
Arbeitsweise, in der man den Sachverhalt nicht präsentiert bekommt, sondern
erarbeiten muss, vielen Referendaren zunächst Schwierigkeiten bereitet und ein
Umdenken erfordert. Mit dem Anders / Gehle kann der Grundstein für das
Erlernen der für dieses Umdenken notwendigen Relationstechnik gelegt werden. Außerdem
ist es ein nützlicher Begleiter für den Verlauf der Zivilstation und die
Vorbereitung auf das zweite Staatsexamen. Das Lehrbuch ist nicht umsonst seit
über 30 Jahren ein Klassiker in der Referendarausbildung und wird es sicher
auch die kommenden 30 Jahre noch bleiben.