Von Marius Garnatz, Frankfurt
Der
Kommentar zur Zivilprozessordnung von den Herausgebern Dr. Christoph Kern und
Dr. Dirk Diehm, LL.M. Eur. aus der Reihe „Berliner Kommentare“ ist im Juni 2017
im Erich Schmidt Verlag erschienen. Er umfasst 2090 Seiten inkl.
Stichwortverzeichnis und inkl. der beiden Herausgeber haben 20 Autoren
mitgewirkt.
Der
Kommentar berücksichtigt den Gesetzesstand Juni 2017 und enthält somit die
Änderungen durch das Gesetz zur Änderung des Sachverständigenrechts vom 11.
Oktober 2016, die Einführung der §§ 946-959 ZPO im Zuge der Durchführung der VO
(EU) Nr. 655/2014 durch das Gesetz vom 21. November 2016 sowie die Änderungen
durch das Gesetz über die Änderung von Vorschriften im Bereich des
Internationalen Privat- und Zivilverfahrensrechts vom 11. Juni 2017.
Der
Kommentar bietet dem Leser einen umfassenden Einblick in die Systematik und
Auslegung der Normen der ZPO sowie der relevanten Rechtsprechung hierzu.
Aufgrund der detaillierten Ausführungen kriegt der Leser nicht nur einen groben
Überblick über den Inhalt, sondern lernt auch die Systematik und das
Zusammenspiel der Normen untereinander zu verstehen.
Nach
dem Vorwort der Herausgeber folgen Inhalts- und Literaturverzeichnis, sowie
eine Auflistung der Autoren und der verwendeten Abkürzungen. Im Anschluss führt
Kern mit einer lesenswerten Einleitung in die Grundzüge der ZPO ein. Hierin
stellt er zunächst kurz die Entwicklung der ZPO und deren grundlegenden
Prinzipien – Parteiherrschaft, Unmittelbarkeitsgrundsatz, Anspruch auf
rechtliches Gehör und den Grundsatz des fairen Verfahrens – dar. Im Anschluss
geht er noch auf die Auslegung des Prozessrechts, den Streitgegenstand und die
Prozesshandlungen der Parteien ein. Die Einleitung ist nicht nur für angehende
oder neue Referendare in der Zivilstation lohnenswert zu lesen, sondern auch
für alle anderen Verwender, da der Autor hierdurch einen guten Überblick über
die wichtigsten Begriffe und Grundsätze der ZPO liefert. Dies hilft dem Leser
die detaillierteren Ausführungen zu den einzelnen Normen besser zu verstehen.
Der
Aufbau des Kommentars folgt der bekannten und gängigen Aufbauweise der meisten
Kommentare. Vor den wichtigen Abschnitten stehen zunächst Vorbemerkungen, die
dem Leser den Sinn und Zweck und das Zusammenspiel mit Normen aus anderen
Abschnitten der ZPO sowie weiteren nationalen und internationalen Gesetzen
verdeutlichen und dadurch wesentlich zum Verständnis der nachfolgenden Normen
beitragen. Diese werden – je nach Relevanz – dann kurz und knapp oder
ausführlicher dargestellt.
Die
Darstellung der Normen folgt meist dem Schema, dass zunächst ein allgemeiner
Teil den Normzweck sowie den Anwendungsbereich der Norm erläutert. Nachfolgend
werden dann die relevanten Punkte der Norm erläutert, dies umfasst meistens
deren Voraussetzungen, Definitionen, Anwendungsfälle und Rechtsfolgen.
Abschließend folgt ein prozessualer Teil, der die sich ergebenden
verfahrensrechtlichen Fragen behandelt.
Positiv
hervorzuheben ist, dass der Kommentar sehr praxisorientiert aufgebaut ist und
oft genau die Fragen, die sich in der Praxis stellen aufgreift. Ein gutes
Beispiel ist hierfür die Kommentierung des § 3 ZPO („Wertfestsetzung nach
freiem Ermessen“) unter Rn. 16. Hierin stellt der Autor ausgewählte praxisrelevante
Einzelfragen vor, die sich aus der Norm ergeben können. Hierdurch erspart sich
der Leser die Stichwortsuche in einem langen Text und er kann stattdessen in
einer alphabetischen Auflistung nach dem für ihn relevanten Stichwort suchen
und sieht dort direkt, wie der spezielle Fall zu handhaben ist. Ein weiteres
Beispiel sind die Ausführungen zu den §§ 708ff. ZPO („Vorläufige
Vollstreckbarkeit“). Dem Leser bleibt hier erspart, sich den einschlägigen
Tenor zur vorläufigen Vollstreckbarkeit für seinen Fall aus dem Gesetzestext
herzuleiten oder aus der Kommentierung zu erschließen, da der Kommentar die
einschlägigen Formulierungen enthält und hervorhebt.
Fazit: Sofern man das
Zivilprozessrecht nicht im universitären Schwerpunkt vertieft behandelt hat,
kommen die meisten Juristen mit der ZPO das erste Mal im Rahmen der
zivilrechtlichen Station im Referendariat in Berührung. Sollte der neue Aufbau
und zu Beginn für Schwierigkeiten sorgen, ist der Berliner Kommentar zur ZPO
ein sehr hilfreicher Begleiter und ersetzt aufgrund der ausführlichen
Ausführungen an vielen Stellen sogar ein Lehrbuch. Aber auch für Praktiker ist
der Kommentar sehr gut geeignet, da er die praxisrelevanten Probleme aufgreift
und deutlich in der Bearbeitung hervorhebt, sodass der Leser schnell und
problemlos eine Antwort auf seine Frage finden kann.