Von RAG Dr. Benjamin Krenberger, Zweibrücken
Wenn man das
möchte, kann man seine Kenntnisse zum gesamten Strafverfahren mit den
Handbüchern von Burhoff erwerben. Neben den vorhandenen Titeln zum
Ermittlungsverfahren, zu den Rechtsmitteln und Rechtsbehelfen und zur
strafrechtlichen Nachsorge ist nunmehr das Handbuch für die strafrechtliche
Hauptverhandlung - dies in neunter Auflage - neu erschienen, der vierte zum
Thema gehörende Titel. Auf über 1300 Seiten inklusive Verzeichnissen wird die
Materie aufbereitet, wie üblich bei den Burhoff’schen Handbüchern in Form von
alphabetisch sortierten Stichworten, die von der Ablehnung eines Dolmetschers bis
hin zu Zwischenberatungen des Gerichts reichen. Hinzu kommen zahlreiche Muster
zu den verschiedenen Themen, die alle in einem abschließenden Musterverzeichnis
katalogisiert sind. Ergänzt werden diese Handreichungen durch immer wieder
eingestreute Praxishinweise für den Verteidiger
Markenzeichen
der Handbücher ist stets die hohe Aktualität im Hinblick auf die
eingearbeiteten Entscheidungen. So sind auch in dieser Neuauflage durch die
Bank Entscheidungen aus dem Jahr 2018 aufgenommen und in den Kontext gestellt,
sodass man mit jeder Neuauflage einen echten Mehrwert erwirbt. Zudem werden
Rechtsentwicklungen aufgegriffen und für die Praxis sinnvoll erfasst. Gut zu
sehen ist dies etwa bei der Vertretung des in der Berufungsinstanz säumigen
Angeklagten (Rn. 818 ff.), wo die Friktionen mit der EMRK und die Reaktion der
Gerichte hierauf ebenso erläutert werden wie Details zur Anwesenheit des
Verteidigers bei gleichzeitigem Schweigen oder auch der Umstand, dass eine Selbstunterzeichnung
der Vertretungsvollmacht durch den Verteidiger nicht mehr zulässig ist.
Bestimmte
Stichpunkte sind natürlich etwas sperrig, so die Kapitel zu den Absprachen bzw.
der Verständigung (Rn. 181 ff.), aber durch geschickte Sortierung schafft
Burhoff es auch hier, dem Leser einen roten Faden zu vermitteln und die
tatsächliche Rechtsanwendung plastisch zu machen. Sofern nötig, wird durch
Positiv- und Negativlisten mit Rechtsprechungsbeispielen das Gespür des Lesers
für ein Thema geschult, zu sehen etwa beim Beweisantragsrecht (Ungeeignetheit
eines Beweismittels, hier: Zeuge, Rn. 1002) oder bei der Suche nach Beweisverwertungsverboten
unter bestimmten Aspekten (Rn. 1202 ff.).
Einige Kapitel
habe ich mir, teils aus praktischer Notwendigkeit, teils aus Interesse näher
angesehen und der schon aus den Vorauflagen vorhandene positive Gesamteindruck
wurde nicht getrübt, sondern bestätigt. Daraus möchte ich drei gerne
hervorheben.
Zum einen habe
ich mir das Stichwort „Hinweis auf veränderte Sach-/Rechtslage“ durchgelesen
(Rn. 1949 ff.), gerade weil Burhoff stets die sinnvolle Abgrenzung zum „Rechtsgespräch“
bzw. anderen vorläufigen Bewertungen des Gerichts zieht und damit aus den
Ausführungen auch eine klare Mahnung an den Richter zu entnehmen ist, die
Hinweispflichten nicht durch Surrogathandlungen zu verwischen. Darüber hinaus
ist stets auf den Angeklagten als Zielperson des Hinweises zu achten, sowohl
inhaltlich als auch von der Form her. Natürlich werden diese Empfehlungen
primär für den Verteidiger ausgesprochen, aber umgekehrt kann man als Richter
sehr effektiv das eigene Handeln auf Richtigkeit hinterfragen.
Des Weiteren
habe ich mir das Stichwort „präsentes Beweismittel“ zu Gemüte geführt (Rn. 2262
ff.), nicht nur weil die doch leicht komplexe Vorgehensweise rund um § 220 StPO
gut beschrieben ist, sondern auch weil das Zusammenspiel zwischen § 245 und §
244 StPO gut nachvollziehbar dargestellt wird. Der Unterschied zwischen dem
herbeigeschafften und dem bloß anwesenden Beweismittel muss hierfür von den
Prozessbeteiligten verinnerlicht werden. Auch die Erläuterungen zum
Sachverständigen als präsentes Beweismittel im Hinblick auf dessen Vorbereitung
auf den Termin und die von ihm erwartete sofortige Begutachtung sind
hervorzuheben.
Schließlich habe
ich das Stichwort „Verwertung der Erkenntnisse eines V-Mannes“ (Rn. 3594 ff.) ausgewählt.
Die Zusammenstellung der verschiedenen Konstellationen samt
Reaktionsmöglichkeiten der Verfahrensbeteiligten ist erfreulich detailliert und
auch die taktischen Überlegungen, die angestellt werden, sind prozessual
wertvoll.
Man kann
strafrechtlich tätigen Juristen nur raten, sich intensiv mit diesem Handbuch zu
befassen. Genau wie bei den drei korrelierenden Handbüchern zu den anderen
Stationen des Strafverfahrens verbinden sich auch hier bei der Lektüre
Detailwissen und die taktisch geprägte Gesamtschau auf das Verfahren. Man lernt
schon beim Lesen dazu und kann seine eigenen Handlungsmuster sinnvoll überprüfen.
Auch in der Neuauflage also eine klare Empfehlung.