Montag, 1. Februar 2021

Rezension: Europäisches Energierecht

Winkler / Baumgart / Ackermann, Europäisches Energierecht, 1. Auflage, Nomos 2021

Von Syndikusrechtsanwalt Peer Hennig, Leipzig

 


Mit dem Studienbuch Europäisches Energierecht erschließen die Autoren Winkler, Baumgart und Ackermann als erste dieses Themenfeld der Ausbildungsliteratur. Die europäische Dimension des Energie- und Umweltrechts wird zunehmend wichtiger für das Gesamtverständnis dieses Rechtsbereiches. Rechtsetzung erfolgt immer öfter auf zentraleuropäischer Ebene. In jüngster Vergangenheit brachte die EU mit dem Clean Energy Package einen weitreichenden Regelungsrahmen für die „Vollendung“ der Energieunion und saubere, nachhaltige Energiepolitik auf den Weg (dazu Kapital 5 des Studienbuchs). Doch der Reihe nach: Um sich die Entwicklung bis zu diesem komplexen europäischen Regelungsvorhaben zu erschließen, bietet das Studienbuch Europäisches Energierecht einen gelungenen Einstieg. Mit dem klaren Fokus auf der europäischen Perspektive des Energierechts wird nicht nur die Europäische Union in den Blick genommen, sondern über das Energievölkerrecht eine globale Perspektive auf die weiteren europäischen Staaten gelegt.

Das Werk gliedert sich in drei Teile: Im I. Teil wird die Energieverfassung der Europäischen Union dargestellt; dies beinhaltet neben den Leitlinien der europäischen Energiepolitik vom Energiebinnenmarkt hin zur Energieunion auch die Vorstellung der wesentlichen Akteure, des Energiegesetzgebungskompetenzregimes, der Wirkung der Grundfreiheiten für den Energiebinnenmarkt und dem Energiewettbewerbsrecht. Teil II. widmet sich der Regulatorischen Agenda der Europäischen Union im Energiebereich. In diesem Teil werden die rechtlichen Stellschrauben zur Verwirklichung politischer Ideen aufgezeigt: Liberalisierung der Energiewirtschaft, Ausbau der Energienetze, Energieeffizienz als Werkzeug des Klimaschutzes und Fiskalische Steuerungselemente. Abschließend befasst sich Teil III. mit der Globalisierung der Energiewirtschaft; konkret der Völkerrechtlichen Regulierung des Energiehandels und dem Schutz energiebezogener Auslandsinvestitionen. Bereits diese Themendichte zeigt die Breite des Studienbuchs. Zudem wird jedes Kapital mit im Anspruch variierenden Wiederholungsfragen geschlossen, welche den Lernerfolg kinderleicht überprüfen lassen.

Teil I kommt in klassischer Lehrbuchgestalt daher. Abgeleitet aus den energierechtlich relevanten Vorschriften des europäischen Primärrechts werden Akteure und deren Rechtspositionen beschrieben. Seien es die Kompetenzen europäischer Institutionen nach dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung oder die energiebezogene Dimension der Grundfreiheiten. Hier arbeiten die Autoren mit deutlicher Schwerpunktsetzung die ausbildungsrelevanten Fragestellungen ab. Dabei wird das Problem prägnant beschrieben und die Lösungsvorschläge werden beleuchtet. Freilich ist es das hehre Ziel eines Studienbuchs, eine kompakte, nicht überfrachtete Darstellung zu ermöglichen. Dies gelingt den Autoren zum einen durch die klare, schnörkellose Sprache, zum anderen durch einen ansprechenden Fußnotenapparat, indem die im Fließtext knapp gefassten Positionen von Rechtsprechung, Wissenschaft und politischen Institutionen aufgezählt werden. Der geneigte Leser kann also leicht über den wunderbar vorgeebneten Weg des Studienbuchs in die Materie des Europäischen Energierechts Eintritt finden und dank der klaren und umfangreichen Beschilderung nach jeweiligem Interesse eigene Wege in Richtung einer der vielen komplexen Facetten des Europäischen Energierechts einschlagen.

Das Studienbuch Europäisches Energierecht will einen Zugang in ein neues, sehr breites und verwinkeltes Rechtsgebiet ermöglichen. Das schafft das Werk wunderbar. Konkret der Blick aus der europäischen Perspektive ist innovativ und ermöglicht Studierenden einen neuen, wertvollen Zugang ins Energierecht.