Münchener Vertragshandbuch, Bd. 2 Wirtschaftsrecht I, 8. Aufl., C.H. Beck 2020
Von Rechtsanwalt Florian Decker, Rechtsanwälte Dr. Schultheiß,
Saarbrücken
Der Verlag
gibt derzeit das Münchener Vertragshandbuch in sechs Bänden und in mittlerweile
8. Aufl. heraus. Diese untergliedern sich im Gesellschaftsrecht,
Wirtschaftsrecht I, Wirtschaftsrecht II, Wirtschaftsrecht III, Bürgerliches
Recht, I und Bürgerliches Recht II. Im vorliegenden Bd. 2 (Wirtschaftsrecht II)
werden vielfältige Muster aus den Bereichen
Unternehmenskauf/Unternehmensbeteiligung, Internationales
Industrieanlagengeschäft, Vertriebsverträge, Bankrecht, Kreditsicherungen,
Finanzierungsverträge, Kartellvertragsrecht, Verträge im öffentlichen Bau- und
Erschließungsrecht, Public-Private Partnership und Energielieferungsverträge
dargestellt.
In der bei
Beck'schen Vertragshandbüchern üblichen Form werden viele verschiedene
Konstellationen in Vertragsmustern abgebildet, die in diesen Bereichen
regelmäßig auftauchen können. Diese Mustertexte finden sich zunächst am Stück
abgedruckt und mit vielerlei Fußnoten versehen. Der Fußnotenapparat folgt im
Anschluss und enthält Erläuterungen (mal mehr, mal weniger detailliert) dazu,
warum konkrete Regelungen so vorgeschlagen werden, wie das der Fall ist. Zu Regelungen,
die wegen gesetzlicher Schranken (AGB-Recht, Kartellrecht, etc.) problematisch
sein könnten, werden entsprechende Anmerkungen eingeführt. Hierzu wird auch die
einschlägige Rechtsprechung bezeichnet, die die Haltbarkeit einer Regelung
gefährden könnte, und so eine weitere Recherche ermöglicht.
Am Beispiel
des Alleinvertriebsvertrages unter besonderer Berücksichtigung der Interessen
des Vertragshändlers (Muster III.8) lässt sich der Nutzen der Vorgehensweise
schön aufzeigen. Im Vertriebsrecht schwingen hier häufig kartellrechtliche
Fragen mit, da das Kartellrecht z.B. auch zur Unwirksamkeit von Vertragsabreden
führen kann. In diesem Fall nimmt der Autor unter einer Fußnote auf knapp zwei
Seiten genau zu dieser Thematik Stellung und verweist darauf, welche Regelungen
im Formular hier kartellrechtlich relevant werden können (in diesem Falle das
eingeräumte Alleinvertriebsrecht und die vereinbarte Gebietsschutzabrede). Im
bewundernswerter Weise wird hier in knappen und doch sicheren und
verständlichen Worten, zunächst das Verhältnis des deutschen Kartellrechts zum
europäischen Kartellrecht aufgeklärt und klargestellt, um welche Regelungen man
sich Gedanken machen muss. Folgerichtig geht der Autor dann nur auf das
europäische Kartellrecht näher ein, das zwischenzeitlich in aller Regel auch
auf innerdeutsche Verhältnisse anzuwenden ist. In kurzen aber sehr gut nachvollziehbaren
Ausführungen wird der Leser in die Problematik eingeführt, die zu den Vertriebsvereinbarungen
kartellrechtlich zu erkennen ist, welche in dem vorliegenden Muster getroffen
werden sollen. Hierdurch lässt sich zumindest ohne weiteres erfassen, ob in dem
durch diesen Vertrag abzudeckenden Lebenssachverhalt ein Kartellrechtsproblem
existieren kann und gelöst werden muss oder nicht. Auch Lösungsansätze lassen
sich anhand der Tiefe der Ausführungen durchaus bereits finden.
Im Kontext des
III.8. geht es dabei natürlich im Wesentlichen um vertikale
Vertriebsbeschränkungen. An anderer Stelle (Muster VII. A.1 – leicht über das
Stichwortverzeichnis zu finden) finden sich aber auch vergleichbare
Ausführungen im Rahmen horizontaler Vereinbarungen im Kartellvertragsrecht.
Das Werk
vermag natürlich ein gutes Handbuch zu den berührten Rechtsgebieten nicht zu
ersetzen. Allerdings sind solche Hinweise im Kontext zu einem konkreten
Vertragsmuster von kaum zu unterschätzendem Wert.
Selbstredend
gilt für das vorliegende Werk die gleiche Kritik, die man an jedem
Vertragshandbuch oder Vertragsmusterbuch wird üben können, nämlich dass nicht
alle im täglichen Leben auftretenden Vertragskonstellationen abgebildet werden,
etwa teilweise nur eine Seite eines möglichen Geschäftskonstrukts durch ein
Muster beleuchtet wird und eine Bearbeitung von der anderen Seite nicht
unterstützt ist, oder auch, dass neue in der Lebenswirklichkeit aufgetretene
Konstellationen nicht abgebildet werden. Ergänzungsspielraum besteht hier also
natürlich weiterhin. Indes darf man wohl davon ausgehen, dass der Beck-Verlag
sich dessen bewusst ist und die Folgeauflagen auch für entsprechende
Erweiterungen nutzen wird.
Derweil
stellt das heute vorliegende Werk in den abgedeckten Bereichen jedenfalls eine
hervorragende Arbeitshilfe dar.