Seelmann / Demko, Rechtsphilosophie,
6. Auflage, C.H. Beck 2014
Von RiAG Dr. Torsten Obermann,
Lüdinghausen / Münster
Das
knapp 300 Seiten starke Werk sieht sich selbst als „kleine Einführung“ in die
Rechtsphilosophie. Mit der Übernahme der Mitverantwortung durch die Co-Autorin
Daniela Demko für das gesamte Buch geht in der 6. Auflage nicht nur eine Überarbeitung
sämtlicher Kapitel sondern auch die Neuaufnahme neuer Themenkreisen einher, die
aktuell virulente Fragen abdecken (z.B. Recht im Krieg oder Diskussion der
Würde auch von Tieren und Pflanzen).
Natürlich
führt der Umfang eines „Grundrisses“ zu inhaltlichen Beschränkungen. Die
Autoren interpretieren Rechtsphilosophie konsequent sehr allgemein als philosophische
Betrachtung des Phänomens des Rechts an sich. Fragestellungen mit philosophischem
Bezug innerhalb der Rechtsanwendung (Fragen der Logik im Recht, Voraussetzungen
von Rechtsanwendung und Auslegung, Begriff der Wahrheit) werden weitgehend
ausgeblendet. Innerhalb des selbst gesetzten Umfangs gelingt dem Buch aber eine
durchaus tiefschürfende Darstellung von grundsätzlichen Fragen.
Der
erste große Abschnitt ist der Definition des Rechtsbegriffs, der Diskussion von
Alternativen zum Recht und der Abgrenzung zu ähnlichen Phänomenen gewidmet.
Ausgehend von einer Darstellung des Rechtspositivismus werden in historischer
Darstellung die großen Rechtskonzeptionen Kants, Hegels, Mills und anderer entwickelt
und kritisiert.
Der
zweite große Abschnitt beleuchtet die Rechtsfertigung des Rechts durch außerhalb
seiner selbst liegende Prämissen. Hier steht zunächst die Darstellung der Naturrechtslehre
im Fokus, bevor im Einzelnen die modernen Ansätze zur Begründung eines
verbindlichen Normensystems erarbeitet werden. Ausgehend hiervon wendet sich
das Werk der philosophischen Durchdringung zentraler Begriffe wie „Gerechtigkeit“
und „Würde“ zu, die auch für die Rechtsanwendung von erheblicher Bedeutung sind.
Das
Buch zeichnet sich vor allem durch seine natürliche Sprache aus, die das Erarbeiten
der oft hoch komplexen Materie in der gedrängten Form des Grundrisses nicht nur
erleichtert sondern zu einer faszinierenden Erfahrung macht. Die Argumente für
und gegen die dargestellten Systeme und Ansichten werden durchaus vertieft aber
jederzeit verständlich und gut lesbar zusammengefasst. Anreize zu einer
Vertiefung geben die jeweils kapiteleinleitend zusammengefassten
Literaturhinweise. Stets wird auch die praktische Bedeutung der untersuchten
Fragestellungen in der juristischen Praxis (z.B. Sterbehilfe,
Organtransplantation) hervorgehoben. Ausführliche Fußnoten, ein übersichtliches
Personenregister und ein umfassendes Stichwortverzeichnis runden das Werk ab.
Das
Buch ist als Einstieg in eine spannende Materie nicht nur Studenten zu empfehlen,
sondern auch allen Professionellen. In der gedrängten Hektik von Studium und
Rechtsanwendung bleibt selten die Zeit, die Hintergründe des eigenen Tuns zu reflektieren.
Angesichts der stets zunehmenden Bedeutung des Rechts für den Alltag der
Menschen in der modernen Welt würde es jedoch auch den (angehenden) Praktikern
gut anstehen, gelegentlich die Rechtfertigung ihrer Profession zu durchdenken.
Das vorliegende Werk ist für diejenigen, die diesen Anspruch an sich stellen
wollen, eine hervorragende Empfehlung!