Gerber /
Nasemann, Nachbarschaftsrecht, 2. Auflage, Haufe 2017
Von RAG Dr.
Benjamin Krenberger, Landstuhl
Die
Nachbarschaftsstreitigkeit gehört vor den Amtsgerichten zu den unangenehmsten
Verfahren, hat aber auch vorgerichtlich enormes Stresspotential für die
beteiligten Juristen: mehr Emotion als üblich, weniger eindeutiges Recht als
gewünscht prägen diese Verfahren, und die Beweislage ist meist diffus. Es gibt
aus dem sachenrechtlichen Bereich schon verschiedene Titel, die allerdings mehr
auf die Grundstücksrechte abstellen. Zudem gibt es länderspezifische Titel zum
Nachbarschaftsrecht. Umso wichtiger ist es, wenn ein Buch wie das vorliegende
den Ansatz wagt, beide Linien zu verknüpfen. Die Autorinnen sind in diesem
Bereich erfahren und kennen als Beraterinnen bei Haus&Grund München die
Materie aus der Praxis. Positiv anzumerken sind schon zu Beginn die Ausführungen,
in welchen die Autorinnen zur besseren Nachbarschaftspflege anraten und
Beispiele dafür geben (S. 147; Kap. 10, etc.). Kein schlechter Rat in Zeiten
zunehmender Egoisierung.
Mit knapp 200
Seiten inklusive schlanker Verzeichnisse ist völlig klar, dass das Buch hier einen
Überblicksansatz verfolgt und kein klassisches wissenschaftliches Lehrbuch sein
möchte. Sprache, Fragestellungen und gesonderte Hinweise lassen eindeutig darauf
schließen, dass der Rechtsanwender zwar auch Adressat des Buches ist, aber eher noch der
gewöhnliche Bürger als Rechtssuchender. Das muss nicht verkehrt sein, denn
gerade im Nachbarschaftsrecht verbietet sich jede verkopfte Lösung, sondern da
ist praktisches Geschick beim Finden von Lösungen gefragt.
Dennoch wäre es
angebracht gewesen, gewisse formale Unstimmigkeiten zu vermeiden. So ist schon
das erste Kapitel geprägt von einer falschen Untergliederung, denn Grillen auf
dem Balkon ist kaum ein tauglicher Unterpunkt zu Zäunen und Hecken. Gleichsam haben
die Wärmepumpen als Lärmquelle nichts im Kapitel zu Sportlärm verloren. Hier
und auch anderenorts darf das Lektorat in der Folgeauflage gerne noch einen
Blick mehr auf das Buch werfen, um solche Kleinigkeiten auszumerzen.
Zu Beginn werden
klassische Fragen aus Nachbarschaftskonflikten aufgezeigt und ein Überblick
über mögliche Rechtsgrundlagen gegeben. Hiernach folgt der Blick auf das
Grundstück, also den Eigentumsbegriff, Grenzverläufe, Einfriedungen,
Fahrtrechte, Räum- und Streupflicht und vieles mehr. Schon diese
grundstücksbezogene Zusammenstellung zeigt gut auf, wo überall Konfliktpotential
und damit Beratungsbedarf besteht. Nach einem kurzen Ausflug ins
Baunachbarrecht geht es um Pflanzen in des Nachbars Garten. Besonders
lobenswert ist dabei die Übersicht der in den Bundesländern geltenden
Grenzabstände. Ungünstig ist allerdings, dass die Gesetze als Grundlage dieser
Werte nicht genannt werden.
Das nächste
Kapitel widmet sich Einflüssen, die aus dem Miteinander resultieren, sprich
Lärm, Gerüche, Tiere aller Art und Größe, aber auch Videoüberwachung. Dem
schließt sich ein eigener Abschnitt zum Wohnungseigentümer an. Das Buch endet
mit kurzen Kapiteln zu Ansprüchen bei Störungen sowie dem
Schlichtungsverfahren.
Die Lektüre des
Buches geht rasch voran, es ist informativ geschrieben, aber der Jurist als
Zielgruppe wird den Tiefgang ein wenig vermissen, selbst wenn die Bandbreite
der gebotenen Konfliktfälle erfreulich hoch ist. Bei manchen Hinweisen und
Beispielen fehlt es mir an Belegen zu Rechtsprechung oder Literatur, sodass man
manches nicht einmal nachprüfen kann. Lobenswert sind die vielen begleitenden
praktischen Tipps zur Dokumentation von Verstößen etc., die man auch als Anwalt
seinem Mandanten mit auf den Weg geben kann. Insgesamt ist das Buch unzweifelhaft
eine Bereicherung im Rechtsgebiet des Nachbarschaftsrechts und dürfte, um mehr rechtliche
Quellen und Hinweise angereichert, gerne noch an Umfang zulegen.