Von
Dr. jur. Michael Höhne, Frankfurt am Main
Die
Promotionsordnungen zur juristischen Promotion unterscheiden sich in Deutschland
in weiten Teilen nicht wesentlich voneinander. Trotzdem existiert kein
vorgegebener oder bereits geebneter und einheitlicher Weg für alle juristischen
Promotionen. Vielmehr ist gerade Sinn einer Promotion, dass ein Produkt
entsteht, das so noch nicht existiert, und Gedanken enthält, die bis dato noch
nicht gedacht (bzw. jedenfalls nicht niedergeschrieben) wurden.
Insoweit ist es
wenig überraschend, dass auch innerhalb der kleinen Auswahl von Monographien
zur Thematik „Juristische Promotion“ sehr unterschiedliche Schwerpunkte
gebildet werden: Während Martens etwa umfassend die unterschiedlichen
Methoden, die einer Doktorarbeit zugrunde liegen können, beleuchtet
(S. 33-49), widmet sich Beyerbach (Die juristische Doktorarbeit,
3. Aufl. 2019, S. 154-214) sehr ausführlich dem Zitieren von Quellen.
Demgegenüber wird den Gründen für eine Promotion bei von Münch/Mankowski
(Promotion, 4. Aufl. 2013, S. 24-36) auffällig viel Platz eingeräumt.
Es zeigt sich, dass eine Thematik von verschiedenen Menschen mit verschiedenen
Zielrichtungen bearbeitet werden kann, sodass unterschiedliche Endprodukte
entstehen. Diese Beobachtung lässt sich gewissermaßen auch auf die juristische
Promotion übertragen: Nicht immer ist ein (äußerer) Wandel erforderlich, um
eine monographische Aufarbeitung einer Rechtsfrage zu rechtfertigen. Gleichwohl
entstehen viele juristische Fragestellungen aufgrund eines Wandels etwa der
Gesetzeslage (S. 22 ff.).
Ein Buch zu
schreiben, mit dem möglichst viele (zukünftige) Doktoranden gewinnbringend
arbeiten können, stellt generell ein ambitioniertes Unterfangen dar. Dies
gelingt Martens in sehr überzeugender
Weise. Eine wesentliche Stärke des rezensierten Buches ist dabei die
Systematisierung der Vielfalt an Ausgangspunkten und im Rahmen der Promotion
auftretenden Frage- und Problemstellungen. Auch wenn jeder Doktorand einen
individuellen Weg geht, der häufig gewisse Unwägbarkeiten und
Unvorhersehbarkeiten bereithält, gelingt es Martens,
ein zumindest in Einzelaspekten verallgemeinerndes Bild zu zeichnen. Dadurch
dürfte die Mehrheit der Doktoranden in dem Buch ausreichende Hilfestellungen
finden. Naturgemäß sind nicht alle Ausführungen für jeden Doktoranden relevant:
So entfaltet etwa das Thema Themenfindung (S. 14 ff.) keine Relevanz für
Doktoranden, die ein vom Doktorvater maßgeschneidertes Thema zugewiesen
bekommen (siehe auch S. 17). Es gibt es nur wenige thematische Bereiche,
die in weiteren Auflagen zusätzlich oder prominenter gestellt werden könnten:
Martens
suggeriert etwa – fast durchweg (anders etwa S. 103) –, dass der Weg des
Doktoranden beim Doktortitel endet. Sehr passend ist insoweit das Titelbild des
Buches: ein Mast, an dem auf Wegweisern in alle bzw. vier Richtungen in
Richtung „Dr. jur.“ gezeigt wird. Generell führen nicht alle Wege zum
Doktortitel. Insbesondere aktuelle Themen beinhalten die Gefahr, dass eine
andere Person das gleiche Thema schneller und vollumfänglich ausleuchtet. Es
kann dann an promotionswürdigen neuen Erkenntnissen (dazu S. 6 f.) fehlen.
Auch kann es durchaus sein, dass ein Doktorand im Laufe der Promotionsphase
merkt, dass man sich mit dem Vorhaben übernommen hat. Es existieren viele
Gründe dafür, die Promotion vorzeitig zu beenden. Der Mensch neigt gleichwohl
dazu, an der Entscheidung, zu promovieren, festzuhalten, allein weil schon
Arbeit aufgewendet wurde (sunk cost
fallacy oder eskalierendes Commitment). Eine solche Situation kann in einer
menschlichen Tragödie enden. Mithin könnte der – eher auf Durchhalteparolen und
Motivation bedachten – Teil zur Krisenbewältigung (S. 94 ff.) um eine
Anleitung zur ehrlichen Reflexion erweitert werden (vgl. etwa zu unvollendeten
Dissertationen von Münch/Mankowski, Promotion, 4. Aufl. 2013,
S. 107 ff.).
Hilfreich wäre es
für viele Doktoranden sicherlich auch, von einem erfahrenen Wissenschaftler
Hinweise und Abstrahierungen zu mündlichen Prüfungen zu erfahren. Anders als
sonst im Buch üblich, beschränkt Martens
sich insoweit auf einen verallgemeinernden Satz, der keine Hilfestellung
enthält (S. 106: „In jedem Fall sollten Sie sich sorgfältig
vorbereiten.“). Auch wenn sich die Arten der mündlichen Prüfung je nach
Promotionsordnung voneinander unterscheiden, dürften allgemeine bzw.
verallgemeinernde Hinweise möglich und sinnvoll sein. Wenig bahnbrechend aber
nützlich dürfte etwa ein Hinweis darauf sein, dass die gezielte
Auseinandersetzung mit Erst- und insbesondere auch Zweitgutachten eine
Disputation umfassend erleichtern kann: Aus den Gutachten lassen sich die (zu
erwartenden) Fragen teilweise wortgenau vorhersagen. Gerade vor dem Hintergrund
von in den Gutachten geübter Kritik können eine Disputation und die darin
enthaltene Diskussion insbesondere dann in eine bestimmte Richtung geleitet
werden, wenn der Doktorand mithilfe eines Kurzvortrages in seine Bearbeitung
einleiten darf.
Ein weiter Hinweis
sollte zukünftig erfolgen. Der Hinweis ist zwar kurz, aber (finanziell) sehr
erheblich: Die VG Wort vergibt nicht nur Druckkostenzuschüsse für herausragende
Arbeiten (dazu S. 108), sondern schüttet auch Geld an Autoren aus, die
einen Wahrnehmungsvertrag abschließen. Für eine 2019 erschienene Monographie
erhält der Autor üblicherweise 1.900 Euro (siehe https://www.vgwort.de/publikationen-dokumente/quoten-uebersicht.html
Stand: 30.09.2019).
Abschließend lässt
sich konstatieren: Das Buch liefert mit leicht verständlicher Sprache viele
sinn- und wertvolle Hinweise für angehende Doktoranden sowie bereits
Promovierende. Die Lektüre ist sehr gewinnbringend, da (fast) alle Aspekte der
Promotion mit geschultem Blick beobachtet wurden und im Buch präzise und
nachvollziehbar dargestellt werden. Nicht berücksichtigt wird gleichwohl die
mittlerweile auch teilweise für Juristen vorhandene Möglichkeit einer
kumulativen Dissertation (siehe etwa § 2 Abs. 5 der Promotionsordnung des
Fachbereichs Rechtswissenschaft der Johann Wolfgang Goethe-Universität
Frankfurt am Main: https://www.jura.uni-frankfurt.de/57552685/UniReport_PromO_Veroeffentlichung.pdf
Stand: 30.09.2019). Es wäre erfreulich, wenn auch diese Variante der Promotion
in Zukunft durch die Hilfestellungen eines Experten leichter zugänglich und
verständlicher gemacht würde.