Kaiser
/ Bracker, Die Staatsanwaltsklausur im Assessorexamen, 5. Auflage, Vahlen 2016
Von
Ref. iur. Christian F. Bock, Hamburg
Ausbildungsliteratur steht im
Assessorexamen nicht mehr so umfangreich wie während des Studiums zur
Verfügung. Seit einigen Jahren fester Bestandteil des literarischen Kabinetts
zur Vorbereitung auf die Staatsanwaltsklausur im Assessorexamen ist das Skript
von Kaiser/Bracker im Aktenformat, das nunmehr in der 5. Auflage erscheint.
Das Skript richtet sich an Referendare, Richter, Staatsanwälte und
Arbeitsgemeinschaftsleiter im gesamten Bundesgebiet, stellt deshalb die
länderübergreifenden Gemeinsamkeiten des materiellen und prozessualen
Gutachtens sowie des praktischen Teils einer Staatsanwaltsklausur dar, orientiert
sich dabei an den für alle Bundesländer geltenden Vorgaben der Strafprozessordnung
und unterscheidet hinsichtlich der „Geschmacksfragen“ einen nord- und einen
süddeutschen Klausurentypus, deren Spezifika an den entsprechenden Stellen
erläutert werden.
Die Neuauflage haben u.a. differierende
Auffassung zwischen den Senaten des BGH zur Zulässigkeit der Wahlfeststellung
(vgl. BGH 11.03.2015 – 2 StR 495/12, Rn. 25 ff.; dazu Kaiser/Bracker,
Rn. 18) sowie über die Qualität der Belehrung eines
zeugnisverweigerungsberechtigten Zeugen in einer richterlichen Vernehmung (vgl.
BGH 18.03.2015 – 2 StR 656/13, Rn. 5 ff.; dazu Kaiser/Bracker, Rn. 110)
erforderlich gemacht. Die Rechtsprechung hat der Verfasser bis März 2016
berücksichtigt. Der – nachvollziehbar – sehr ausgedünnte und auf die Wiedergabe
der obergerichtlichen Rechtsprechung beschränkte Text wie auch der Fußnotenapparat
hätten aber zumindest im Hinblick auf den äußerst klausurrelevanten
§ 252 StPO um eine Entscheidung des LG Berlin 27.05.2014 – 284 Js
290/13 bereichert werden sollen, womit ein obiter dictum des BGH von 1999
Auftrieb gewinnt, in dem der Inhalt der Aussage eines Zeugen in einer
richterlichen Vernehmung trotz der nachträglichen Entstehung eines
Zeugnisverweigerungsrechts (z.B. Verlöbnis) für verwertbar gehalten wird
(lediglich auf eine andere Tendenz hinweisend Kaiser/Bracker, Rn. 109).
Für Referendare, die sich (erstmals)
mit dem Verfassen und Formulieren praxistauglicher Schriften befassen, sind die
zahlreichen Formulierungsbeispiele sehr nützlich. Durch diese werden Referendare
in die Lage versetzt Gelesenes praktisch umzusetzen. Hervorhebung verdient
außerdem die Einarbeitung jüngerer Entscheidungen, wie u.a. die des BVerfG zum
Ende der Eilkompetenz der Ermittlungsbehörden bei Wohnungsdurchsuchungen (siehe
Kaiser/Bracker, Rn. 119) oder die des BGH zur Entstehung eines
Verwertungsverbots nach unzulässigem Tätigwerden eines verdeckten Ermittlers
(siehe Kaiser/Bracker, Rn. 136). Dabei gibt der Verfasser insbesondere im
Hinblick auf erste nicht lediglich den Inhalt der Entscheidung wieder, sondern
wirft die Frage auf, inwiefern die Quintessenz der Entscheidung auf andere
Ermittlungsmaßnahmen übertragbar ist, begibt sich auf die Ebene des Für und
Wider und votiert schlussendlich auf Grund der Einheit der Rechtsordnung für
eine Übertragung auf sämtliche Richtervorbehalte mit Eilzuständigkeit der
Ermittlungsbehörden. Dadurch wird generell die Herangehensweise an unbekannte
Problemstellungen sowie konkret die Lösung des Problems aufgezeigt.
Zusammengefasst macht die Neuauflage
auf die entscheidenden Änderungen der Rechtsprechung und anstehende
Entscheidungen des Großen Senats für Strafsachen aufmerksam, behält dabei
allerdings den Blick für das Wesentliche und überfrachtet den praktisch
orientierten Leser nicht mit einem umfangreichen Fußnotenapparat. Während die
Lektüre des Skripts für Referendare ohne weiteres empfehlenswert ist, können
Richter, Staatsanwälte oder Arbeitsgemeinschaftsleiter in weit geringerem Maße
davon profitieren. Dafür werden die länderspezifischen Besonderheiten zu knapp dargestellt.